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Lieblos

 April 2oo7

Lieblos


 

Bela spürte, wie der schmale Daumen in einer flüchtigen Bewegung den Speichel aus seinem Mundwinkel strich, kurz nachdem ihre Lippen sich gelöst hatten, verfolgte bereits mit einem Grinsen die Hand und wie der Blonde sie zu sich zog, um über die Fingerspitze zu lecken. Auch er grinste.

Im Küssen hat dich bis jetzt wirklich keiner geschlagen.“ Nickte er und sah dabei beinahe anerkennend aus.

 

Der Kleinere schüttelte nur schnaubend den Kopf.

 

Du brauchst dringend ein Mädchen, mein Freund...“

Er musste nicht aufsehen, um zu wissen, wie sich Farins Blick jetzt geändert hatte. Er war in dieser Sache schon immer gern trotzig wie ein kleiner Junge gewesen. Als Bela schließlich doch zu ihm hoch sah, hatte der Blonde die Zunge rausgestreckt, welche noch vor wenigen Sekunden genießerisch um seine eigene gefahren war. Er lachte bei diesem Gedanken leise, leerte seine Teetasse.

 

Gar nicht wahr, ich komm sehr gut allein-...“

 

Haaaseee?“ erklang es im gleichen Moment vom Flur.

 

Farin zog kurz die Mundwinkel nach unten, lies es sich dann nicht nehmen und stolzierte an Bela vorbei zur halb offenen Tür, in der Sarah stand. Er wippte mit den Brauen.

 

Was denn, Schätzchen?“

 

Die großen Kulleraugen sahen ihn leicht genervt an und die Kleine, zu der eben diese gehörten, stupste immer wieder, um ihm zu verdeutlichen, dass er der falsche Hase war, mit dem Finger gegen seine Brust.

Ha Ha. Dich mein ich nich...“ Murrte sie.

 

Bevor Farin dazu ausholen konnte, ihr zu erklären, dass er hier der einzige Hase war und das spätestens seit dem Silvesterkonzert, schob Bela sich, halb lachend, halb beschwichtigend, zwischen sie. Die kleine Brünette sah ihn fast dankend an und lächelte süß.

Du suchst mich, Baby?“

 

Farin schluckte, als müsse er einen Brechreiz unterdrücken. Sarah grinste nun ein bisschen und schob sich unter Belas Arm in seine schützenden Fittiche.

 

Der Ältere zuckte leicht die Schultern Richtung Farin. Jener lehnte nur weiter im Türrahmen und beobachtete die beiden, vornehmlich sie, wie sie ihm Jacke, Schal und Schuhe zuwies und zurecht rückte. Sie liebte es an ihm herum zu korrigieren. Wenn sie das tat, dann musterte sie ihn erst vorher gründlich, kräuselte dann etwas die Nase und hob die Hand. Diesmal zupfte sie an seiner Schläfe.

AU!“

Bela verzog das Gesicht.

 

Farin grinste wieder.

 

Wat solln dit?“

 

Sarah lächelte nun frech und hielt ihm ein einzelnes, graues Haar unter die Augen.

 

Überflüssijet Winterfell, wa?“

 

Er knuffte sie nur etwas in die Seite, mehr Widerstand gegen die kuttnersche Hierarchie schien er nicht wagen zu wollen, und drehte sich noch einmal, den Arm längst um sie legend, halb zu Farin:

 

Denn wünschn wa noch n schön n´Abend, Herr Vetter!“

 

Dann schlugen die beiden Berliner Schnauzen die Tür hinter sich zu und waren weg.

 

Der Blonde seufzte nur. Streng war sie ja mit ihm. Streng aber süß. Darauf stand der Graf wohl auf seine masochistisch veranlagten alten Tage...

Gelassen kehrte Farin um, betrat das gedimmt beleuchtete, nun recht verlassen wirkende Studio wieder und fragte sich prompt:

 

War er allein? Brauchte er wirklich wieder ein Mädchen?

Im Prinzip würde eine Beziehung ihm wohl mehr nehmen, als geben.

Denn Fernweh, dass war seine persönliche chronische Erkrankung. Und eine Sie im Haus würde ihn festhalten, vielleicht ja sogar ans Bett fesseln. So dass er zu gar nichts mehr käme, weil sie eben da war und beschäftigt werden musste.

 

Und überhaupt. Wer brauchte schon Frauen?

 

Sicherlich mochten sie vom schöneren Geschlecht sein und vermutlich auch vom zärtlicheren, aller lackierter spitzer Fingernägel zum Trotz. Außerdem gaben sie einem ja auch stets das Gefühl gebraucht zu werden. Sie weckten diesen Beschützerinstinkt, der wohl jedem Mann tief inne wohnte.

Farin seufzte genervt und löschte das Licht in seinem Studio schnell ganz und stieg die Treppe hoch zum Flur. Da war schon wieder die schlechte und deutlich überragende Seite an Beziehungen und vor allem an Frauen. Sie gingen ihm nicht aus dem Kopf. Sie störten seine Konzentration und kontrollierten ihn mit dieser Macht vollkommen. Und so saß er wenige Augenblicke später mit seinem Notizbuch auf dem Schoß im Wohnzimmer neben dem Telefon und blätterte. Da standen so viele Namen und Nummern, hinter denen überall eine Erinnerung steckte, dass dem Blonden beinahe schwindelig wurde. Gesichter tauchten vor ihm auf. Er wusste noch so einige Einzelheiten, mal abgesehen von standardmäßig Haar- und vor allem Augenfarbe. Die merkte er sich – auch als Mann – immer besonders gut, die Augen.

 

Scheiß Vorurteile...“ murmelte Farin nur in sich hinein und plötzlich fiel ihm eine Zeile zwischen den vielen schnell dahin gekritzelten auf. Denn sie war in sauberster Schönschrift eingetragen, in dieser, mit welcher er sonst nur Briefe zu schreiben pflegte, die tiefere Bedeutung hatten, als einen saloppen Situationsbericht.

Abschieds- oder unglückliche Liebesbriefe zu Beispiel.

 

Farin verzog das Gesicht noch während er wählte und murrte ohne wirklich nachzudenken in den Hörer:

 

Frauen sind doof...“


Rods Stimme am anderen Ende lachte:

 

Jan? Is Felse schon weg?“

 

Der Blonde fing sich wieder und grinste etwas gezwungen in den Hörer:

 

Sarah... weißt ja...“

 

Hmhm... ich weiß...“

 

Er schmunzelte immer noch, das hörte Farin.

 

Und was machst du so?“

 

Er hatte wirklich keine Lust, jetzt Rods Hörigkeit auszunutzen und über seine persönlichen Egoprobleme was Sarah Kuttner betraf zu sprechen, auch wenn er die Antwort, die nun folgen würde, beinahe selbst erriet:

 

Och...Musik... Hab n paar ganz nette instrumentale Sachen. Aber mit Home Recording is bei mir ja nich mehr viel...“ Deutliches Ungefallen lag in Rods Stimme, aber seine Wohnung war nun mal schon bis zum Rand mit Gitarren und Bässen vollgepfropft, wo sollte da noch ein Mischpult oder gar Verstärker hinpassen?

Farins Hirn jedenfalls hatte die Erklärung des Jüngeren kaum verarbeitet, als er schon erwiderte:

 

Na dann komm doch hier her!“

 

Eine stutzige Pause folgte. Der Blonde erahnte, dass Rodrigo gerade prüfend auf die Uhr in seiner Küche schaute.

 

... Jetzt?“

Klar! ... Kriegst auch was zu Essen... Das glückliche Paar hat meine Kochkünste nämlich verschmäht...“ Seine Stimme wurde gegen Ende des Vorschlages immer brummiger.

Rod grinste nun förmlich in den Hörer:

 

Dann bis in einer Stunde.“

 

Statt zu antworten nickte Farin lächelnd und auch wenn Rod das natürlich nicht sehen konnte, legten beide gleichzeitig auf.


 

*


Das gute an Rodrigo war, dass er einer der zuverlässigsten Menschen der Erde war. Wenn er Aufträge bekam, führte er sie ohne zu zögern und zu motzen aus. Wenn er das tat, dann tat er es richtig. Teilweise vielleicht sogar zu richtig, dachte Farin, als er hinaus auf seinen durch das Wohnzimmerfenster hindurch beleuchteten Vorgarten sah, und noch immer diese zwei Streifen erkannte, auf denen bis heute das Gras auffällig langsam und spärlich wuchs. Denn wenn Rod kommen und „ruhig irgendwo vorm Haus parken“ sollte, dann tat er das.

 

Mittlerweile war der Garten aber soweit deutlich von der Straße abgetrennt, dass der Blonde gelassen beobachten konnte, wie der schlichte schwarze VW zur vereinbarten Zeit am Gehwegrand parkte und ein, auch um diese Uhrzeit noch gut gekleideter Chilene ausstieg, sich kurz umsah, zum Fenster hoch winkte und dann zur Haustür ging.

Erst als Farin kurz darauf eben jene öffnete und einen cool aber ziemlich nass dastehenden Rodrigo einließ, realisierte der Blonde, dass es seit einiger Zeit regnete.

 

Scheiß Wetter...“ seufzte der Jüngere, als er an ihm vorbei ging und sich aus den Schuhen und der Lederjacke schälte.

 

Während er die Tür schloss erwiderte der andere, ein neckisches Grinsen auf den Lippen:

Zu cool für nen Regenschirm, was?“ Er verschwand kurz im Gästebad und warf Rod ein weiches Handtuch über die halblangen dunklen Haare. Der erwiderte nichts, nickte aber dankend und begann, sich abzutrocknen.


 

*


Als Farin einen Blick auf die Uhr in seinem Studio warf, waren seit der Ankunft seines Bassisten längst über zwei Stunden vergangen. Es überraschte ihn nicht, hatte er doch trotz des anfänglichen Beschlusses, „n bisschen was zusammen“ zu machen, seit geraumer Zeit nur staunend zugesehen, wie Rods Finger über Griffbretter und Tasten rannten. Zuerst hatte er sich noch auf die Musik konzentriert, bald aber war Farins Aufmerksamkeit aber nur noch in gelegentlichem Nicken zu deuten. Er hatte etwas gefunden, was ihn viel mehr faszinierte als das Musikgenie und seinen Freund Rodrigo Gonzalés: Der außerordentlich attraktive und elegante junge Mann Rodrigo Gonzalés. Bei jedem neuen Sound, bei jeder gelungenen Spur leuchteten die tiefen Augen auf, schwang über die Mine ein Lächeln. Eines dieser Lächeln, welches so unschuldig war, dass es eigentlich nur ein Kind lächeln konnte. Und unanständiger Weise leckte Farin sich jedes Mal die Lippen.

 

Was waren schon Mädchen, Frauen? So umwehte es seinen Sinn, als der andere im eigenen Spiel ein wenig versank, sein schlanker Oberkörper begann, sich in Takt und Rhythmus und doch flüssig mit der Melodie zu bewegen, welche er mit den Händen einfach so zu zaubern vermochte.


 

*


 

Jan?... Jan, weinst du?“ Was für eine naive Frage. Farin schüttelte den Kopf, natürlich nicht. Er war ein Mann, ein gestandener, glücklicher Mann. Er hatte keinen Grund zu weinen. Doch Rodrigo schien das nicht zu kümmern. Eine warme Hand legte sich auf Farins linke Schulter. Mit festem Griff umschloss er sie, führte sie zurück auf die weißen und schwarzen Tasten.

 

Hör nicht auf.“ Ein Flüstern, mehr ein Hauchen. Doch Rodrigo verstand und er setzte wieder an, führte die Melodie fort, besah den Älteren nur aus dem Augenwinkel, wie er sich irgendwann neben ihn setzte. Wie er den Kopf auf seine Schulter ablegte und einfach weinte, lange weinte, die Arme um ihn schloss und weinte, vor Einsamkeit.

 

 

Wer das ist.  
  .hat Geschichten im Kopf seit sie denken kann.

.schreibt sie nieder seit sie das Alphabet beherrscht.

.veröffentlicht sie seit das WWW den Wald erreichte.

.wartet jetzt mit einer kleinen Bibliothek online auf.

.hofft, dass dir ihre Prosa zusagt und du ihr eine Nachricht hinterlässt ;)
 
SCHNEE VON GESTERN  
  Gut. Vielleicht reicht es nicht, für bestimmte Wettbewerbe. Dann kann ich den Text wenigstens hier veröffentlichen. Wie gefällt euch HörenSagen?  
Sonst irgendwo noch Wetterstationen?  
  Gesicht im Buch DuRöhrst StudentenVerzeichnis  
getippter Text von heute Nacht  
  Martin saß seit Stunden da und starrte. Als er auf dem Weg zum Bus inne gehalten, das Telefon kaum geistesgegenwärtig wieder in die Innentasche seines Sakkos hatte gleiten lassen, war es gerade hell geworden. Jetzt spürte er den Schatten seiner eigenen Nase in seinem Gesicht, so hoch stand die Sonne. Die rundliche Spitze des niedrigen Pfeilers, auf dem er mit seinem über die Jahre immer dicker gewordenen Hintern lehnte, war kalt und ziemlich unbequem. Martin bemerkte das nicht. Er bemerkte auch nicht die alte Frau mit dem kleinen Hund, den 'jungen Mann' ansprach und fragte, ob er Hilfe bräuchte. In der Tat sah Martin vielleicht ein wenig danach aus. Es war einer der ersten Tage in seiner neuen Schale.
Obwohl er sich mittlerweile täglich rasierte, blieb das stoppelige, unausgeschlafene Gefühl in seinem Gesicht hängen. Auch in seinem neuen Leben blieben seine Augen, wie sie waren. Von roten Äderchen durchzogen, blutunterlaufen, ragten sie ein Stück zu weit aus den großen Höhlen hervor.
Er versuchte, regelmäßig seine Nägel zu schneiden, aber sie wurden niemals richtig schön. Er bekam das noch nicht hin, die Linie gerade krumm zu halten.
 
Noch was?  
  Studieren strengt an.  
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